Nein heißt nein – Solidarität mit von sexualisierter Gewalt Betroffenen!
Pressemitteilung anlässlich des Urteils vom Amtsgericht Mönchengladbach zur Vergewaltigung im Fanzug
Im späten Frühjahr 2018 wurde eine damals 19-Jährige in einem Fansonderzug auf der Rückfahrt nach Mönchengladbach vergewaltigt. Die junge Frau erstattete Anzeige. Das Netzwerk F_In - Frauen im Fußball veröffentlichte damals bereits eine Stellungnahme. Am 24.5.2019 wurde nun das Urteil durch das Amtsgericht Mönchengladbach gesprochen und der Mann zu knapp 4 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor, die Medien berichten bereits darüber. Auch F_in nimmt das Urteil zum Anlass, uns erneut zum strukturellen Problem von sexualisierter Gewalt und dem Umgang mit Betroffenen zu äußern.
Seit der Reform des Sexualstrafrechts 2016 bedeutet nun auch rechtlich ein Nein immer, ausnahmslos ein Nein. Nach dem neuen §177 StGB wird "Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt, (...) wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft." Dies gilt insbesondere, wenn die betroffene Person den Angriff nicht abwehren oder sich aus Angst nicht wehren und der Täter das erkennen konnte. Auch wenn eine Person wegen des Konsums von Alkohol oder anderen Drogen nur eingeschränkt dazu in der Lage ist, einen sexuellen Übergriff abzuwehren, ist ein sexualisierter Übergriff strafbar. Quelle
Dieses Gesetz gilt überall – und damit auch im Fußball. Am Umgang mit von sexualisierter Gewalt betroffenen Frauen hat sich auch mit der Reform nichts verändert. Noch immer werden Frauen* verdächtigt, an den Übergriffen nicht ganz unschuldig zu sein. So auch in diesem Fall. In der Presse wird der Eindruck erweckt, die Frau habe sich, durch den Alkoholkonsum und den vorhergehenden Kontakt zum späteren Täter selbst in die Bredoullie gebracht. Ein übliches Verhalten wird somit in ein Fehlverhalten umgedeutet.
In der Berichterstattung fehlten Worte über den Täter, ein Hinweis darauf, dass Frauen sich jederzeit anders entscheiden dürfen und dass Vergewaltigung an sich schon strafbar ist. Unerwähnt blieb außerdem, dass die junge Frau sehr mutig war, ihre Eltern anzurufen sowie auch die Entscheidung der Polizei, den Zug anzuhalten und den Täter zu ermitteln.
F_in begrüßt die Tatsache, dass es in diesem Fall ein Urteil gegeben hat.
F_in wehrt sich gegen den stetigen Vorwurf, wenn Frauen sich nur "richtig" verhielten, anzögen oder klar abgrenzten, würde ihnen auch nichts passieren. Kein Alkohol– keine sexuellen Übergriffe, keine Flirts – keine unerwünschten sexualisierten Handlungen, keine kurzen Röcke – keine Vergewaltigung.
Sexualisierte Gewalt ist kein fußballspezifisches Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Im Fußball ist es jedoch schwieriger, sich gegen sexualisierte Gewalt zu Wehr zu setzen: Schließlich wird damit das "Erlebnis Fußball" vermeintlich massiv gestört. F_in zollt allen Frauen Respekt, die den Mut aufbringen, erfahrene sexualisierte Gewalt zu offenbaren.
Die Konsequenzen aus diesem Fall können nur sein: F_in fordert, endlich damit aufzuhören, Frauen* zumindest eine Teilschuld an sexualisierter Gewalt zu geben. In der Gesamtgesellschaft muss ein Umdenken stattfinden. Darüber hinaus fordert F_in alle, die sich im Fußball bewegen, auf, aufeinander achtzugeben sowie Augen und Ohren offen zu halten, was in ihrer Umgebung geschieht – bietet Hilfe an oder schreitet ein!
F_in, im Juni 2019
F_in ist das Netzwerk Frauen im Fußball, zu dem Mitarbeiterinnen der Fanprojekte ebenso gehören wie Frauen aus der Wissenschaft, des Journalismus und aktive weibliche Fans. Wir arbeiten seit vielen Jahren zum Thema Sexismus im Fußball und bieten vielen Frauen* im Fußball einen Schutz- und Stärkungsraum.