Kritik an Berichterstattung im "Fall Amerell/Kempter"
Wir dokumentieren und unterstützen einen offenen Brief der EGLSF
12. März 2010
Sehr geehrte JournalistInnen und MedienvertreterInnen,
mit Interesse und zum Teil Irritationen verfolgen wir seit Wochen Ihre Berichterstattung im „Fall Amerell/Kempter“.
Wir halten es für außerordentlich wichtig, Machtmissbrauch, veraltete und/oder ineffiziente Strukturen in einem Verband oder Lügen aufzudecken und anzuprangern!
Nicht verständlich ist jedoch, warum in diesem Zusammenhang ständig das Thema Homosexualität in den Mittelpunkt gestellt wird. Es werden hier zwei Themen in Verbindung gebracht, die nichts miteinander zu tun haben: Homosexualität und Gewalt bzw. Missbrauch, wodurch unterschwellig altbekannte Vorurteile gegen Homosexualität und Homosexuelle bedient werden und der Eindruck entsteht, Homosexualität steht für Verführbarkeit, Missbrauch, sexuelle Übergriffe und Pädophilie. Damit unterstützen Sie genau jene Bilder, Vorstellungen und Stereotype denen wir, u.a. auch mit dem DFB, seit Jahren versuchen entgegenzuwirken.
In Ihren Berichten unterstellen Sie anderen Institutionen, nicht vertrauensvoll und achtsam mit Informationen umzugehen, Sie selbst zitieren private E-Mails und SMS. Daraus ergibt sich die Frage: Welche Verantwortung haben Sie als VertreterInnen der Medien?
Es fällt auf, dass immer dann über Homosexualität im Sport bzw. im Fußball berichtet wird, wenn es sich gut verkaufen lässt: „Sex sells“. Homosexualität wird dabei auf Sexualität reduziert, was eine sehr begrenzte Darstellung unserer Lebensweise ist.
Wir wünschen uns, mit all unserer Vielfalt wahrgenommen zu werden und nicht immer nur dann, wenn es um „das“ Outing eines Profispielers geht oder gar wenn Homosexualität mit Pädophilie oder sexueller Belästigung gleichgesetzt wird.
Es gab und gibt eine Menge über Homosexualität und Homosexuelle zu berichten, unsere Community ist groß, bunt und vielfältig. Auch im Sportbereich gibt es zahlreiche Aktivitäten, die erwähnenswert sind: Aktionsabende gegen Homophobie im Fußball, der Come-Together-Cup, das Buch „Versteckspieler“, Aktionen zur FARE-Aktionswoche, die Dokumentationen zu „Homosexualität und Fußball“ im DSF usw.
Positive Beispiele zur Berichterstattung dazu gibt es, wie z.B. die Berichte zum Pride-House bei den Olympischen Spielen von Vancouver zeigen.
Wir sind auf Ihre Unterstützung, auf Ihre Berichte angewiesen, um alte Vorstellungen und Vorurteile zu verändern, um unsere Vielfalt zu vermitteln und um Homophobie aus den Köpfen der Menschen zu bekommen.
Wir freuen uns auf eine vielfältige und spannende Berichterstattung und stehen bei Fragen oder Informationswünschen gerne zur Verfügung.
Mit sportlichen und freundlichen Grüßen
Tanja Walther-Ahrens
EGLSF – European Gay & Lesbian Sport Federation
Dieses Schreiben wird unterstützt von:
Andreas Stiene, Initiator Come-Together-Cup
Bastian Finke, Projektleiter MANEO
F_IN, Netzwerk Frauen im Fußball
Seitenwechsel Frauen/Lesben Sportverein e.V.
team berlin e.V.
Vorstand Vorspiel SSL Berlin e. V. (Stefan Linke, Konni Kohler Buck Broker)