WM 2011 live bei F_in
Dieser Thread wird in den nächsten drei Wochen der Weltmeisterinnenschaft in Deutschland hoffentlich mit vielen sehens- und lesenswerten Beiträgen befüllt werden. Go for it Ladyz*!
Hier ein schöner Artikel von F_inin Nicole Selmer zur vemeintlichen Instrumentalisierung der WM: "Fußball wird nicht im Vakuum gespielt":
„Fußball ist, seit er ein Massenzuschauersport wurde, unentrinnbar in ökonomische, politische und kulturelle Zusammenhänge verstrickt, aus denen er nicht mehr herauszulösen ist. (…) Die Verschränkungen von Fußball, Politik, Kultur und Ökonomie sind keine Erfindung des Feminismus oder gar des DFB, sondern einfach Realität. Die Art der Verknüpfungen, ihre Interpretation und Ausgestaltung – all das lässt sich debattieren und kritisieren. Ihre Existenz zu leugnen, ist unsinnig. Und was für den Fußball gilt, gilt auch für den Frauenfußball.“
Mein Lieblingskommentar beim Spiel Deutschland-Frankreich im Fernsehn: "Das Publikum ist der 12. Mann". Blöd nur, dass der nicht spielen darf.
Brasilien-Norwegen in Wolfsburg.
Mein erstes Länderspiel. Ich bin überrascht, wie hoch der Familienanteil im Publikum ist. Beim Einlass werden nur die Taschen kontrolliert. Erstaunlich, aber auch mal schön.
Mein Highlight: Die 50 bis 100 Mädchen in der Ecke im Oberrang, die Marta schon vor dem Spiel lauthals anfeuerten, regelmäßig die La Ola starteten und überhaupt ordentlich Stimmung machten.
Am meisten genervt haben mich die Kerle hinter mir (ab Minute 3 hatte ich sie gefressen): „die können nicht mal ‚nen Ball halten“ und ähnliche Kommentare. Genau. Darum spielen die auch in der brasilianischen Nationalmannschaft. Die waren glaub ich nur zum Meckern da.
War ein netter Abend. Ich fand es gut, mal ein Spiel mit so großer emotionaler Distanz im Stadion zu gucken, da habe ich viel mehr Überblick als beim eigenen Verein.

Fußball ist lesbisch, aber bitte nicht im Stadion
Die Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in Nordrhein-Westfalen war beim WM-Spiel Brasilien gegen Australien in Mönchengladbach. Mit im Gepäck ihr Banner: „Fußball ist alles, auch lesbisch“. Das allerdings wurde der Gruppe von den Ordnern abgenommen, mit der hübschen Begründung, die FIFA wolle das nicht.
Nach Beschwerden und ein bisschen Presse gab es, wie L-Mag berichtet, eine Entschuldigung von WM-Organisationskomitee und DFB und das Versprechen, dass das Banner bei den nächsten Spielen unbehelligt mit dabei sein dürfe.
Endlich nur Fußball
Fassungslose Begeisterung über das ZDF: Wochen- ja monatelang habe ich mich über die Benennung dieses Ereignisses echauffiert: egal ob der offizielle Titel der FIFA Frauen-WM oder das einem
sinnlosen Bindestrichwahn geschuldete „Frauen-Fußball-WM“ – was soll das? Der Vorschlag, ab sofort nur noch von Männerfuß-Ballweltmeisterschaft zu sprechen, hat sich erwartungsgemäß nicht
durchgesetzt und auch sonst war die Resonanz auf mein Wüten eher gering. Leidglich einige FreundInnen und KollegInnen konnten durch ständiges Herumwettern über die WM-Diktion eingeschüchtert
werden („Frauen-WM, äh … Frauenfußball, sorry.“ „Jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich sagen soll.“), aber nun das: Am 2. Tag in der heute-Sendung um Mitternacht wird die WM-Berichterstattung im
Vorspann als genau das angekündigt: „Wir berichten das Neueste von der Fußball-WM“. „Warum sollten wir eigentlich Frauenfußball-WM sagen?“, fragt die Moderatorin im Studio. „Wir sagen ja auch
nicht Männerfußball-WM. Deswegen haben wir beschlossen, das Geschlecht ab jetzt einfach rauszulassen.“
Public Viewing im Rosa wird kritisiert
Nachdem nicht alle Menschen auf Facebook vertreten sind, stelle ich diese Diskussion gerne (auch) hier zur Verfügung. Das Cafe Rosa in Wien, ein Studiebeisl hat sich relativ
kurzfristig entschieden, alle möglichen Spiele (während der Öffnungszeiten), zu übertragen. Eigentlich konnten wir einen Beitrag wie den folgenden erwarten, er hat auch seine volle Berechtigung.
Ganz im Sinne der Antwort auf die Frage(n) verbleibe ich mit einem herzlichen, come and join the WM_in 2011 und bringe dich kritisch und respektvoll ein :::
Frage eines Rosa-Facebook-Besuchers*:
"und plötzlich ward fanism und nationalismus wieder in oder gibts zumindest einen abend wo das thematisiert wird?"
Antwort(en):
1) "jup es wird noch eine veranstaltungsreihe zum thema frauen in männerdominerten sportarten geben - die sich selbstverständlich auch mit nationalismus und fußball/andere sportarten auseinandersetzen wird. wer uns helfen will, diese zu organisieren: bitte kommt zum nächsten plenum, dienstag 13:00 - wir haben auch mit der sommerworkshop reihe grad alle hände voll zu tun und freuen uns über unterstützung! vorerst hat sich das plenum jedenfalls dazu entschieden, dass das aufbrechen der männerstrukturen im fußball in den vordergrund gerückt wird, was aber nicht heißt, den nationalismus bei der WM unbeachtet zu lassen. danke für die hinweise, und die diskussion; diskussion dazu eindeutig erwünscht!"
2) "jes, jes, wir erlauben uns, den sport auf sehr hohem niveau in der öffentlichkeit zu genießen...wie bereits erwähnt, setzt sich das rosa kritisch mit den themen rund um den frauen*fußballleistungssport auseinander. wer_welche dazu was machen möchte, komm! und mach was! nachdem das eh meistens frauen* machen, sind insbesondere männer eingeladen, sich kritisch an einem fußballrahmenpogramm zu beteiligen.. manch eine frau* (hier im rosa) erlaubt es sich mal, einfach nur die spiele anzusehen und, glaubt dazu, dass das alleine unter gegebenen bedingungen dieser welt, bereits ein politisches statement ist, welches befürwortet werden kann."
Wer die Diskussion weiter verfolgen möchte, kann diesem Link folgen.
Deutschland - Kanada, 26. Juni
Sonntag, 17:45, Hamburg-Eimsbüttel. Es ist warm. Wir wollen doch das Spiel Deutschland-Canada draußen gucken. Ein kurzer Spaziergang zur ersten Kneipe – die zeigen alle Spiele, aber nur drinnen.
Die zweite hat draußen einen Fernseher aufgebaut, rund 50 Leute schauen gemeinsam das Spiel, aber noch kurz vor Anpfiff finden wir Plätze. Etwas mehr Frauen als Männer sind dabei, es wird
angefeuert und gejubelt – als Bajramaj eingewechselt wird, gibt es sogar Applaus. Die meisten unterhalten sich während des Spiels, Kinder wollen Panini-Bilder tauschen und spielen Fußball. Die
Stimmung ist gut und alles ist entspannt. Nach dem Abpfiff gehen wir kurz durchs Viertel und finden noch drei weitere Kneipen, die das Spiel draußen gezeigt haben. Die Frau und ihr Hund – beide
in Deutschland-Kostümierung – fallen auf, weil sie die Ausnahme sind. Und was am Schönsten ist: Kein Auto ist mit Nationalfähnchen unterwegs.
Sonntag, 26. Juni - 17:55, Vienna (Austria):
Wir, eine Hand voll Frauen*, ertappen uns im Rahmen des "Shame in your face" - einer kritischen Nach-CSD-Party - dabei, dass wir alle das Fußballspiel um 18 Uhr sehen möchten. Keine von uns möchte jedoch den Ort wechseln und schon gar nicht in einen entfernten Bezirk fahren, um einem Public Viewing beizuwohnen. Dank unserer guten Verbindungen zu Leuten, die in der Rosa Lila Villa wohnen, gelingt es uns das Wohnzimmer einzunehmen. Es beginnen 90 spannende Minuten, ganz verschont von blöden offside-Meldungen irgendwelcher (vermeintlicher) Fußballkenner_innen...nicht ganz, ich habe ganz vergessen (oder verdrängt?!) dass es bei Fußballspielen auch Kommentator_innen, äh, hier, Kommentatoren* gibt. Ach ja, ich sage mir in Gedanken, dass in diesem unseren Fall (dem Sport Plus Sender), die Frage wieder aufgenommen werden kann, ob es diesen Job denn wirklich (immer) braucht. Es kommt der Vorschlag den Ton wegzudrehen, weil wir uns das unnötige Geplaudere der zwei Experten* nur schwer anhören können. Ich hadere mit mir, weil ganz ohne Ton möchte ich das Spiel eigentlich nicht sehen (und hören). Aber hey, eigentlich war es dann ganz wunderbar, wir konnten uns darüber aufregen, dass die zwei Beobachter* in der Glotze, keine Ahnung von dem sogenannten Frauenfußball haben und ernsthaft glauben, so scheint mir, dass die Frau(en)* aus einer Rippe der Herr(e)n* auf diese Welt kam(en). Abgesehen von den fast schon philosophisch (maskulin) anmutenden Beiträgen, sahen wir ein verdammt spannendes Spiel auf sehr hohem Niveau und verbleiben mit der Vermutung, dass es das deutsche Kickteam diesmal schwerer haben wird denn je, den Titel zu verteidigen…
Alles über die WM
Alles Wichtige über die WM 2011 lässt sich beim Kauf der entsprechenden Druckerzeugnisse lernen: Als ich beim Zeitschriftenhändler meines Vertrauens das 11freundinnen-Heft erstehe, bietet er mir
auch gleich noch das Panini-Heft an - "Sammeln Sie auch?". "Ah, die verkaufen Sie auch?", frage ich. Aus dem Hintergrund sekundiert Frau Zeitschriftenhändlerin: "Klar, wir müssen doch die Frauen
auch unterstützen." Ihr Mann: "Bisher haben das Heft aber nur Männer gekauft."
Ein paar Wochen später ist der WM-Kicker bei diesem Kiosk prompt ausverkauft. Einige Straßen weiter kramt die Verkäuferin das Heft heraus, schaut drauf und sagt: "2 Euro. Das ist aber günstig.
Sonst sind die doch immer so teuer."
Andernorts am Tag vor dem WM-Start: Der Tankwart von gegenüber sagt, das Kicker-Sonderheft verkaufe sich gut. Es seien ungefähr gleich viele Männer wie Frauen, die das Heft erstehen.
Öffentliches Gucken, der Start in Wien
Auf zum Public Viewing heißt es auch in Wien! Obwohl nur wenige öffentliche Orte für das gemeinsame Fußball gucken gewonnen werden konnten, werden wir in Vienna uns der kollektiven Fußballbegeisterung hingeben. Gespannt darf jede F_in und jeder anderer Mensch sein, ob wir unsere Liebe zum Fußball auf hohem Niveau teilen, welch Menschen Einer im öffentlichen Raum beim Fußball schauen, außer den üblichen Bekannten begegnen und welche Erlebnisse, der möglichen und unmöglichen Art uns die nächsten Wochen erwarten (dürfen).